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In einem war sich die gesamte Fachwelt nach dem Einzug von Borussia Dortmund ins Achtelfinale der Champions League einig. Diesen Erfolg hatten die Borussen maßgeblich Torhüter Roman Bürki zu verdanken. Der Schweizer Keeper in Diensten der Borussia flog, hechtete und boxte gegen Slavia Prag (fast) alles weg, was auf seinen Kasten kam. Mit mehreren Weltklasse-Paraden hielt er seine Mannschaft im Spiel. Einige Beispiele gefällig: Einen Olayinka-Kopfstoß aus kurzer Distanz pariert er bei einer Blitzreaktion mit dem Fuß, eine Direktabnahme von Stanciu nach einer Flanke wehrt er in Weltklasse-Manier ab. Sensationell die Parade in der 38. Minute. Nach einem abgefälschten Fernschuss ist Bürki schon halb auf dem Boden, ehe er die Kugel in einer unglaublichen Reaktion mit einer Hand über die Latte hext. In der 73. Minute rettet er im Eins-gegen-eins. Eines ist unbestritten: Ohne ihn hätte der BVB ein Debakel erleben können und wohl kaum den Einzug geschafft.

Zurecht würdigten Mitspieler und der Trainer die Leistungen des Schweizers. BVB-Kapitän nannte Bürkis Reflexe „sensationell“, und auch Mats Hummels schwärmte von der Leistung des Schweizer Nationaltorhüters: „Das waren fünf, sechs, sieben Weltklasse-Paraden!“ Für Trainer Lucien Favre hielt Bürki „einfach unglaublich“. Bürki selbst kommentierte seine Weltklasse-Leistung eher nüchtern: „Ach, ich trinke ja keinen Alkohol. Ich will nur ins Bett und ausschlafen. Mir tut alles weh.“ Ganz ungerührt ließ ihn der Abend jedoch nicht. Als die Fans ihn feierten, bekam auch er eine Gänsehaut: „Ich musste mich zusammenreißen, dass keine Träne kommt. Daran werde ich mich mein ganzes Leben lang erinnern.“

Über Kritik und fehlende Wertschätzung

Nach seinem Wechsel vom SC Freiburg nach Dortmund 2015 gab es immer wieder Zweifel, ob Bürkis Qualität für die hohen Ansprüche der Borussia ausreichen würde. Und immer wieder wurden diese Zweifel an seinem Leistungsvermögen durch krasse Fehler genährt. Die abwertende Wortschöpfung „Gürki“ machte unter den Fans der Dortmunder und auch in den Medien die Runde. Namen wie Kevin Trapp oder Timo Horn wurden in den Medien als mögliche Nachfolger des Schweizers kolportiert.

Zudem wurde ihn von Teilen der Presse Unfähigkeit zur Kritik unterstellt, wenn er sich öffentlich zur Wehr setzte, sobald er sich ungerecht behandelt fühlte. Manche werden sich noch an die Diskussion erinnern, als Bürki in den Champions-League-Partien gegen Tottenham und Real Madrid insgesamt drei Treffer im kurzen Torwarteck hinnehmen musste. Als Bürki nach den Schuldzuweisungen und schlechten Benotungen in den Medien die Gültigkeit der deutschen Traditionalisten-Gleichung „kurze Ecke ist gleich Torwartecke“ in Frage stellte, hagelte es Kritik. Das Bild des kritikunfähigen Besserwissers machte die Runde. Wenig bekannt war vielen Kritikern, dass es die Denkweise, die kurze Ecke sei immer die Torwartecke, in vielen anderen Ländern nicht gibt und dieses Denkschema Bürki deshalb nicht bekannt war. Statt in der Medienlandschaft eine offene Diskussion über Sinn und Unsinn dieser fest zementierten Torwart-Weisheit zu führen, bekam Bürki den Stempel des Unbelehrbaren aufgedrückt. Aber auch Bürki fehlte in dieser Situation die Akzeptanz der spezifisch deutschen Denkweise über das Stellungsspiel des Torhüters in dieser Situation und reagierte empfindlich. Von selbsternannten Experten, die nie Torwart gewesen seien, nehme er keine Kritik an, ließ er die Öffentlichkeit wissen. Freunde hatte er mit dieser Aussage jedenfalls nicht gewonnen.

Das Schicksal eines modern spielenden Keepers

Noch ein zweiter Faktor machte es ihm in der Anfangszeit schwer, die verdiente Anerkennung in Dortmund zu finden. Vor seinem Wechsel zu den Borussen bestimmte über Jahre Roman Weidenfeller das Torwartbild beim BVB. Sein Spiel war geprägt von einer hervorragenden Zielverteidigung. Spiele wurden in Dortmund bis dato mit überragenden Paraden gewonnen. Weidenfellers Aktionen mit dem Fuß bestanden darin, den Ball unkontrolliert nach vorne zu schlagen. Bürki verkörpert hingegen den Typ des modernen, mitspielenden Torhüters. Seine Trainer verlangen von ihm, dass er schwierige Situation fußballerisch löst, die dann auch mal schiefgehen. Höheres Risiko bedeutet zugleich auch eine höhere Fehlerquote. Trotzdem war das Stöhnen des Publikums oft unüberhörbar, schlechte Benotungen von der Pressetribüne waren ihm sicher.

Inzwischen haben sich große Teile des Dortmunder Publikums an das moderne Torhüterspiel gewöhnt. Eine Restskepsis gegenüber dem Schweizer aber ist geblieben, trotz seit Monaten anhaltender starker Leistungen. „Eine Woche bist du der Held, eine Woche bist der Idiot", sagte Bürki einmal über die Rolle des Torhüters. Man den Eindruck, dass Roman Bürki von diesem Gegensatz zwischen Heldenverehrung und Verurteilung besonders häufig betroffen ist.

Blickpunkt

Artur Stopper

Artur Stopper

Mit über 25 Jahren Erfahrung als Torwarttrainer weiß Artur, wie Torhüter ticken. Deshalb bevorzugt er Themen, die die Welt der Torhüter ausmachen: Vereinswechsel, Tiefschläge, Pechsträhnen, Höhenflüge, Emotionen, Ersatzbank, Halbgötter, Erfolge.

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