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Es gibt Spiele, deren Ergebnis im Nachhinein kaum zu erklären ist. In diese Kategorie gehören der 5:0-DFB-Pokal-Sieg der Gladbacher gegen Bayern München vor etwa fünf Wochen genauso wie die 0:6-Niederlage der Gladbacher am vergangenen Wochenende gegen Freiburg. „Ich habe so etwas noch nie erlebt und bin schon lange Trainer“, äußerte Freiburgs Trainer Christian Streich nach dem Spiel. „Die Mannschaft hat ein herausragendes Spiel gemacht, aber manchmal läuft dann auch alles“, versuchte er eine Erklärung für das, was passiert war. Gladbachs Trainer Adi Hütter rang ebenfalls nach einer Erklärung für das Debakel. Die Freiburger hätten ihre Chancen eiskalt ausgenutzt, seien gieriger auf Tore gewesen und seine Mannschaft habe das nicht gut verteidigt. Eine genaue Erklärung dafür sei aber nicht so einfach.

Dass nach der 0:6-Klatsche am vergangenen Wochenende gegen den SC Freiburg die gesamte Gladbach Mannschaft im "kicker" mit Noten zwischen 5 und 6 bewertet wird, mag bei einigen Gladbacher Spielern berechtigt sein. Eine sachliche Analyse der Leistung von Yann Sommer hätte aber eine andere Beurteilung als die Note 5 ergeben müssen, wie ein Blick auf die Gegentore zeigt.

0:1 Tor für Freiburg

Freiburg kommt über links nach vorne. Kevin Schade setzt sich gegen zwei Gladbacher Abwehrspieler durch und passt dann scharf in die Mitte, wo Höler für Eggestein durchlässt. Der defensive Mittelfeldspieler braucht etwas, um den Ball unter Kontrolle zu bringen, jagt in dann aber flach und durch die Beine von Bensebaini aus ca. 7 m ins linke Eck. Yann Sommer ist absolut chancenlos. Acht Gladbacher Abwehrspieler im eigenen Strafraum hatten es nicht geschafft, drei Freiburger Angreifer am Torerfolg zu hindern.

0:2 Tor für Freiburg

Nach Flekkens langem Abschlag verlängert Höler nach links zu Grifo. Günter hinterläuft und bekommt das Leder über die weitere Station Demirovic. Die Flanke köpft Schade am zweiten Pfosten sgegen Scally aus 6 m platziert und druckvoll ins untere Toreck ein. Sommer ohne Abwehrchance und ohne Möglichkeit, den Flankenball im Vorfeld abzufangen.

0:3 Tor für Freiburg

Vincenzo Grifo zieht einen Freistoß direkt vors Tor. Ca. 3 m vor dem Tor fällt der Ball herunter. Der entgegenkommende Sommer wird vom heraneilenden Schlotterbeck noch irritiert, weshalb er den kurz vor ihm aufspringenden Ball mit einem Reflex nur noch unkontrolliert nach vorne abwehren kann. Der zurückprallende Ball fällt Lienhart genau vor die Füße, der das Leder aus 2 m am auf dem Boden liegenden Sommer über die Linie schieben kann. Da mehrere Spieler in Richtung Torraum einlaufen, ist für Sommer die Situation so unübersichtlich, dass er den Ball nicht schon im Vorfeld klären kann.

0:4 Tor für Freiburg

Grifo zieht beim Eckstoß den Ball auf den ersten Pfosten, wo Höfler das Leder leicht mit der Stirn touchiert. Thuram lenkt das Leder ca. 3 m vor Sommer mit dem Schienbein noch leicht ab, so dass der Ball knapp an Sommer Körper vorbei wieder unhaltbar für den Keeper ins Tor geht.

0:5 Tor für Freiburg

Grifo schlägt einen Freistoß von links diagonal auf die andere Spielfeldseite in den Strafraum. Lienhardt verlängert den Ball ohne Gegnerbedrängung vors Tor. Elvedi kann Schlotterbecks Kopfball-Querlage nicht final klären. Der Ball landet an der 5-m-Linie bei Höfler, der den Ball einfach wieder vors Tor zurückköpft. Dort steht Lukas Höler, der die Kugel auf Höhe des vorderen Torpfostens zum 5:0 über die Linie köpft. Ein auf der Torlinie stehender Abwehrspieler greift nur halbherzig ein.

0:6 Tor für Freiburg

Wieder ist es ein ruhender Ball, der das 6:0 bedeutet. Grifo flankt den Freistoß von rechts in die Mitte, wo Schlotterbeck vor Bensebaini am Ball ist und aus 7 m Entfernung hart und platziert einköpft. Wieder ist Sommer ohne jede Abwehrchance!

Die Betrachtung der Gegentore ergibt, dass Yann Sommer absolut chancenlos an den Gegentreffern war. Ein genauerer Blick auf die Entstehung der Tore verrät, dass es vor allem Standards und die fehlende Zuteilung waren, die Gladbach letztlich das Genick brachen. Denn fast alle Tore fielen nach einem ruhenden Ball. Vor allem die desolate Anfangsphase – bereits drei Gegentore in den ersten zwölf Minuten – hatte die Gladbacher Mannschaft völlig verunsichert. Hinzu kam, dass Freiburg an diesem Tag jede sich bietende Chance nutzte und mit einem Tor krönte. Es ist nicht das erste Mal, dass genau eine solche Mischung auch schon in der Vergangenheit zu solch desolaten Leistungen führte wie der der Gladbacher gegen Freiburg.

Um eines klarzustellen: Schlechte Leistungen müssen auch mit schlechten Noten beurteilt werden, wenn man objektiv bewerten will. Trotzdem darf man von Sportjournalisten im "kicker", die den Anspruch auf eine seriöse Berichterstattung erheben, erwarten, dass sie, wenn sie schon Einzelnoten vergeben, den einzelnen Spieler bei einer schlechten Mannschaftsleistung nicht in Sippenhaft nehmen, sondern individuell und mit möglichst hohem Gerechtigkeitsanspruch bewerten. Wenn diese Sichtweise die Grundlage der Beurteilung ist, hat Yann Sommer nach meiner Einschätzung nicht die Note 5 verdient. Ihm sind keine schwerwiegenden Fehler vorzuwerfen, eher haben einige seiner Aktionen noch dazu beigetragen, dass das Ergebnis nicht noch höher ausfiel. Die Note 5 bedeutet in der in Deutschland üblichen Notenstruktur „mangelhaft“. Wenn aber keine größeren Mängel feststellbar sind, sollte diese Note in einer Fachzeitschrift auch nicht erteilt werden. Da ein Fachmagazin den Anspruch erhebt, vom „Fach“ zu sein, muss sie sich von der emotionalen Erregtheit von „Wut-Fans“ unterscheiden und diese Aufgabe weiterhin Boulevardblätter wie der BILD überlassen.

Analyse 1. BundesligaYann SommerBorussia Mönchengladbach

Artur Stopper

Artur Stopper

Mit über 25 Jahren Erfahrung als Torwarttrainer weiß Artur, wie Torhüter ticken. Deshalb bevorzugt er Themen, die die Welt der Torhüter ausmachen: Vereinswechsel, Tiefschläge, Pechsträhnen, Höhenflüge, Emotionen, Ersatzbank, Halbgötter, Erfolge.

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