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Eine Welt- oder Europameisterschaft bietet immer eine gute Möglichkeit, in kurzer Zeit die Entwicklungen des internationalen Fußballs zu beobachten. Goalguard hat für euch die EM 2016 in Frankreich näher unter die Lupe genommen. Unser Augenmerk lag dabei besonders auf der Frage, aus welchen Zonen Torabschlüsse besonders häufig zu Torerfolgen führen, aus welcher Zone der Vorlagengeber den Ball spielte und welche Kombinationen besonders erfolgreich waren.Im ersten Teil der Auswertung beschäftigen wir uns mit dem Thema, aus welchen Bereichen des Spielfeldes besonders häufig Tore erzielt wurden.

TOR
0 0 4 8 4 1 0 0
1 3 5 15 14 7 1 0
0 0 2 5 6 1 1 0

Gefährlich wird es im Strafraum

Zunächst kann man feststellen, dass nur 16,8 % der Tore außerhalb des 16-m-Raumes erzielt werden, 83,2 % hingegen innerhalb des Strafraumes. Fernschüsse führen also seltener zu einem Torerfolg. Diese Erkenntnis erklärt, warum Spitzenmannschaften meist versuchen, über ein Passspiel in den Strafraum zu gelangen, statt den Torerfolg mit Schüssen aus der Distanz zu suchen.

Innerhalb des Strafraumes gibt es deutliche Unterschiede

Betrachtet man verschiedene Zonen innerhalb des Strafraumes näher, fallen deutliche Unterschiede auf. Wenig überraschend kann man zunächst feststellen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Torerfolges zunahm, je näher sich der Schütze in der Mitte des Strafraumes befand. Die deutlich torgefährlichste Zone war dabei der Bereich zwischen der 5-m-Linie und der 16-m-Linie unmittelbar vor dem Tor. 52,7 % aller Torerfolge innerhalb des Strafraumes fielen aus dieser Zone. Weit weniger gefährlich war hingegen der Bereich innerhalb des 5-m-Raumes. Nur 21,5 % aller Tore wurden aus diesem Bereich erzielt. Auch Abschlüsse aus den seitlichen Zonen des Strafraumes führen deutlich seltener zum Torerfolg (nur 8,8 %). Die Gründe dafür sind offensichtlich. Sowohl im Nahbereich also auch bei Aktionen von der Seite kann der Torhüter durch ein aktives Eingreifen und ein gutes Stellungsspiel seine Chancen, einen Torerfolg zu verhindern, deutlich verbessern.

Eine interessante Sichtweise ergibt sich auch, wenn man den gesamten Bereich vor dem Tor in verschiedene Querstreifen unterteilt: von der Torauslinie bis auf Höhe der 5-m-Linie, von der 5-m-Linie bis auf Höhe des 11-m-Punktes und vom Elfmeterpunkt bis zur 16-m-Linie. Auch aus diesem Blickwinkel gesehen, fällt der Bereich zwischen der 5-m-Linie und dem Elfmeterpunkt als die am deutlichsten torgefährliche Zone auf, denn 56,7 % der Tore fielen aus diesem Spielfeldabschnitt.

TOR
23,6%
57%
19,4%

Nachdem im ersten Teil der Untersuchung davon die Rede war, aus welchen Zonen des Spielfeldes die Tore der EM 2016 erzielt wurden, soll nun im zweiten Teil näher betrachtet werden, aus welchen Zonen die Zuspiele für die Tore erfolgten. Berücksichtigt sind in dieser Untersuchung also nur Tore, die nach einem Zuspiel erfolgten. Direktschüsse oder Abschlüsse nach mehreren Ballberührungen sind nicht berücksichtigt. Dazu haben wir eine Spielhälfte in 14 gleich große Felder unterteilt.

Nimmt man zunächst unter die Lupe, ob mehr Tore nach Zuspielen von innerhalb oder außerhalb des Strafraumes erzielt wurden, so lässt sich feststellen, dass 38 Zuspiele, die zu einem Torerfolg führten, von außerhalb des Strafraumes erfolgten, während nur 30 Pässe von innerhalb des Strafraumes erfolgreich waren.

TOR
2 1 2 1 1 3
6
8 4 1 8 2 1 1 8 4 1
1 1 9
2 1 3 1 1 2 2 2 2 2
8
3 1 1 1 1 1 1 3 3
5 4 6
1 1
1 1
2 2 1
2 1

Vergleicht man die Ergebnisse der verschiedenen Zonen, lässt sich wenig überraschend feststellen, dass von den Feldern, die weiter entfernt zum Tor liegen, wenig Torgefahr ausgeht. Nur 5-mal wurden Tore nach Zuspielen aus Bereichen, die nahe der Mittellinie liegen, erzielt. Aus diesen Zonen werden die Bälle oft durch Freistöße, Klärungsversuche der Abwehr oder durch die Einleitung schneller Konter vor das Tor geschlagen. Aufgrund der meist langen Flugphase sind sie aber im Normalfall für die abwehrende Mannschaft leicht zu verteidigen. Interessanter ist die Betrachtung der Zonen unmittelbar vor dem Strafraum. Dabei fällt auf, dass deutlich weniger Zuspiele aus der Mitte des Spielfeldes (5) erfolgten als aus den Außenzonen (11). Das liegt sicherlich daran, dass das Zentrum bei vielen Mannschaften oft durch zwei Doppelsechser abgesichert ist und somit Pässe aus dieser Zone schwerer auf die Angreifer zu spielen sind.

Am interessantesten sind die Ergebnisse, die sich auf der Untersuchung des Strafraumes bzw. der sich an den Strafraum anschließenden Außenzonen ergeben. Überraschend ist, dass Zuspiele aus den Zonen zwischen der Strafraumlinie und der Seitenauslinie genauso häufig zu Torerfolgen führten wie Zuspiele interhalb der Strafraumes. Auffällig ist dabei die fast gleichmäßige Verteilung auf die verschiedenen von uns eingeteilten Spielfeldzonen (meist 8). Eigentlich müsste man annehmen, dass Bälle von außen leichter zu verteidigen sind als Bälle nach einem kurzen Zuspiel, weil sie länger unterwegs sind. Dass dem nicht so ist, zeigt das Ergebnis dieser Untersuchung. Der Grund ist wohl, dass Flanken oder flach scharf nach innen gezogene Zuspiele für die Abwehrspieler schwer zu verteidigen sind, da sie bei schnellen Angriffen bei Zuspielen aus diesen Zonen oft in der Rückwärtsbewegung sind. Außerdem bekommt der Torschütze bei Flugbällen aus diesem Winkel mehr Druck hinter den Ball. Auffallend ist auch, dass aus diesen Feldern Zuspiele zwischen der 5-m-Linie und dem Elfmeterpunkt besonders erfolgreich waren. Abschließend unterteilten wir wiederum das Spielfeld bis zur 16-m-Linie (Abb. 2) in drei ungefähr gleich breite Korridore, nämlich bis zur 5-m-Linie (Zone A), von der 5-m-Linie bis zum 11-m-Punkt (Zone B) und vom Elfmeterpunkt bis zur 16-m-Linie (Zone C). Auffallend ist, dass deutlich weniger Tore durch Rückpässe von der Grundlinie erzielt wurden als aus seitlichen Zonen.

TOR
ZONE 2 1 2 1 10 1 3
A
ZONE 4 1 2 16 1 1 4 1
B 1 1
ZONE 2 1 3 1 1 2 2 2 2 2
C 18
3 1 1 1 1 1 3 3
13
1 2 1
1 2 1
2 1 3

Der abschließende Teil der Untersuchung der EM-Tore befasst sich mit der Art und Weise, wie die Tore erzielt wurden. Teilt man die Tore nach verschiedenen Rubriken auf, ergibt sich eine klare Tendenz:

39 Tore wurden nach Zuspielen von über 10 m erzielt, 21 Tore nach Zuspielen unter einer Entfernung von 10 m. Fasst man diese beiden Aspekte zusammen, so stellt man fest, dass mehr als die Hälfte aller Tore (56 %) nach einem Zuspiel eines Mitspielers erzielt wurden. Nur 21 % aller Tore wurden nach Direktschüssen erzielt, d.h. der Schütze schloss ein Zuspiel nicht direkt ab, sondern erst nach einem Dribbling oder nach mehreren Ballberührungen vor dem Schuss. Etwas weniger erfolgreich waren die Schützen bei der EM 2016 bei Standardsituationen. Mit 17 % wurde nur etwa jedes fünfte Tor per Standardsituation geschossen. Betrachtet man genauer, welche Standardsituationen besonders erfolgreich waren, ergibt sich die folgende Erkenntnis:

Fast die Hälfte aller erfolgreich abgeschlossenen Standardsituationen waren Elfmeter. Je 4-mal erzielten Teams einen Treffer nach Eckbällen und Freistößen. Übrigens: Bei den beiden letztgenannten Varianten wurden alle Tore per Kopf erzielt. Nur in zwei Fällen waren Mannschaften mit einem direkten Freistoß erfolgreich, nämlich die Ungarn beim 2:1-Zwischenstand gegen Portugal, wobei der Schuss noch abgefälscht wurde, und der Walliser Bale mit einem 30 m-Schuss gegen England zum 1:0.

Wurden die Zuspiele mit Kopf oder Fuß erfolgreich abgeschlossen?

Wie bereits betont, wurden besonders viele Tore nach Zuspielen eines Mitspielers erzielt. Interessant dabei ist die Frage, ob nach Zuspielen von außen die Tore eher mit dem Kopf oder dem Fuß erfolgreich abgeschlossen wurden. Hier gibt es eine klare Tendenz. In 72 % aller Torerfolge nach Flanken erzielten die Torschützen das Tor mit dem Fuß, nur in 28 % der Aktionen waren sie mit dem Kopf erfolgreich. Das heißt im Ergebnis, dass Torerfoleg besonders häufig eintrafen, wenn die Bälle flach oder halbhoch in den Strafraum gespielt und vom Schützen direkt auf das Tor abgelenkt wurden.

Ein weiterer Aspekt unserer Untersuchung war, ob der Zuspieler beim Pass vors Tor weniger oder mehr als zehn Meter vom Torschützen entfernt war. Es ging also um die Frage, ob weite Flanken oder eher Zuspiele aus kürzerer Distanz zum Erfolg führten. Das Ergebnis überrascht. Denn in 65 % der Tore nach Flanken erfolgte das Zuspiel über eine größere Distanz als 10 m, nur in 35 % der Torerfolge nach Flanken betrug die Distanz weniger, obwohl man annehmen könnte, dass Bälle, die länger unterwegs sind, besser zu verteidigen sind.

Das Ziel unserer Untersuchung war, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, welche Aktionen besonders häufig zum Torerfolg führten, damit sich Torhüter im Training besser auf diese Abläufe einstellen können und Handlungsweisen entwickeln, diese Situationen erfolgreich zu lösen. Die Frage ist also, welche Konsequenzen sich aus den Ergebnissen für die Ausbildung von Torhütern und damit für das Torwarttraining ergeben?

1. Erkenntnis

Die für mich wichtigste Erkenntnis aus der EM 2016 ist, dass sich Torhüter zunehmend auf Bälle einstellen müssen, die von den Außenpositionen des Spielfeldes entweder flach oder hoch scharf in den Strafraum geschlagen und von den Stürmern meist direkt mit dem Fuß oder per Kopf abgeschlossen werden. Speziell diese Situation muss also im Training durch geeignete Übungen immer wieder nachgestellt werden, um den Torhüter darauf vorzubereiten.

2. Erkenntnis

Insgesamt wurden relativ wenig Tore nach Standards erzielt. Besonders auffällig ist dabei die Erfolgslosigkeit nach Eckbällen, denn besonders bei dieser Variante wurden in früheren Jahren höhere Erfolgsquoten erreicht. Offensichtlich waren die EM-Teilnehmer in dieser Spielsituation gut organisiert. Ob dazu auch der Verzicht von Feldspielern auf der Torlinie beigetragen hat, lässt sich nicht feststellen. Interessant ist jedenfalls, dass es keine Mannschaft bei der EM gab, die bei der Eckballsituation zwei Spieler auf der Torlinie postierte. Acht Mannschaften verzichten ganz auf eine Absicherung auf der Torlinie, 12 Mannschaften stellten einen Spieler am vorderen Pfosten auf, nur vier Mannschaften am hinteren Torpfosten.

Analyse

Artur Stopper

Artur Stopper

Mit über 25 Jahren Erfahrung als Torwarttrainer weiß Artur, wie Torhüter ticken. Deshalb bevorzugt er Themen, die die Welt der Torhüter ausmachen: Vereinswechsel, Tiefschläge, Pechsträhnen, Höhenflüge, Emotionen, Ersatzbank, Halbgötter, Erfolge.

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